Wahlausschuss – in ihm waren bisher alle Ratsfraktionen und -Gruppierungen vertreten. Bei der Neubildung des Gremiums für die nächste Kommunalwahl möchte die SPD die BA/STU außen vor lassen. Auch die FDP muss fürchten, leer auszugehen.
Auf einen Blick:
- Der Wahlausschuss bestimmt die Festsetzung der Wahlbezirke. Das kann wichtig sein, um z. B. möglichst viele Stammwähler einer Partei in einem Ortsteil zu erfassen.
- Für die Zusammensetzung des Ausschusses ist ein einstimmiger Ratsbeschluss nötig. Sonst greift eine andere Sitz-Berechnungsmethode, das Hare-Niemeyer-Verfahren.
- Die SPD möchte, dass sich ihre Ratsmehrheit auch im Wahlausschuss spiegelt. Deshalb ist sie gegen die bisher übliche Zusammensetzung des Gremiums.
- Wird deshalb das Hare-Niemeyer-Verfahren angewendet, gehen sowohl BA/STU als auch FDP leer aus.
- Bürgermeister Besser schlägt intern einen Kompromiss vor, bei dem wenigstens die FDP einen Sitz erhielte.
- Unabhängig von der genauen Entscheidung: Sie fällt immer zu Gunsten von Rot-Grün, die zusammen die Mehrheit bilden.
Das Herausdrängen der kleinen Parteien ist brisant, denn der Wahlausschuss setzt die Grenzen der Wahlbezirke fest. Da bekannt ist, wie sich die Stammwähler der Parteien über den Ort verteilen, können die Ausschuss-Mitglieder die Bezirke so planen, dass immer möglichst viele Wunsch-Wähler in einem Bezirk erfasst werden. Haben Rot-Grün die Mehrheit in diesem Ausschuss, kann die Aufteilung ohne Widerstand nach deren Interessen erfolgen.
SPD erzwingt mit Ablehnung des Standards Rot-Grüne Mehrheit im Wahlausschuss
In der Beschlussvorlage des letzten Haupt- und Finanzausschusses vom 8.Mai 2019 ist zum Thema „Sitzverteilung im Wahlausschuss“ ein Statement der SPD-Fraktionsvorsitzenden Sabine Godejohann zu lesen. Es heißt, einen Beschlussvorschlag mit Repräsentanz aller Gruppierungen könne die SPD aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Rat nicht mittragen. Die BA/STU solle unberücksichtigt bleiben, denn in den Fachausschüssen habe die Partei kein Stimmrecht.
Nach Hare-Niemeyer kommen BA/STU und FDP nicht in den Wahlausschuss
Sind die Ratsmitglieder uneins (das wäre der Fall, wenn die SPD in der entsprechenden Ratssitzung die genannte Standard-Zusammensetzung ablehnt), wird laut Gemeindeordnung eine andere Methode zur Sitz-Berechnung verwendet. Das „Hare-Niemeyer-Verfahren“ ergäbe für den Wahlausschuss folgende Sitzverteilung: SPD 5 Sitze, CDU 4 Sitze und Bündnis 90/Die Grünen 1 Sitz. Weder BA/STU und FDP wären vertreten.
Interner Kungel-Kompromissvorschlag von Klaus Besser
Bürgermeister Klaus Besser schlägt in einer Mail an die Fraktionsvorsitzenden eine weitere Variante zur internen Abstimmung vor. Er empfiehlt den Fraktionsvorsitzenden „über eine Verteilung 4 SPD, 3 CDU, 2 Grüne, 1 FDP nachzudenken.“ Auch diese Lösung muss einstimmig verabschiedet werden, denn sonst tritt die Hare-Niemeyer-Regelung in Kraft. Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt: Sie ist stets zu Gunsten von Rot-Grün, die damit die absolute Mehrheit im Wahlausschuss bekommen werden.
BA/STU und FDP haben keine echte Wahl
Da die SPD die Variante mit allen Vertretern laut Beschlussvorlage vom 8. Mai wohl ablehnen wird, geht es aktuell darum, eine Einigkeit zum Bürgermeister-Vorschlag zu erzielen. „Klar ist, dass unsere Partei in jedem Fall außen vor ist“, sagt BA/STU-Chefin Jutta Ostermann-Lau. Stimme sie im Rat gegen den Besser-Vorschlag, sei damit auch die FDP ausgeschlossen.
Auch Silke Wehmeier, Fraktionsvorsitzende der FDP, ist wenig glücklich über die Situation. „Ich bin generell dagegen, gewählte Parteien und deren Vertreter auszuschließen. Doch wenn wir gegen Klaus Bessers Vorschlag stimmen, bekommen auch wir keinen Sitz.“ Das Zünglein an der Waage könnte damit der parteilose Ratsherr Kai Funke sein.
Meine Meinung: Die SPD nutzt die Paragrafen der Gemeindeordnung geschickt zur Sicherung der eigenen Pfründe. Doch in einer Demokratie sollte es so sein, dass alle gewählten Vertreter/innen im Wahlausschuss mitwirken. Und dass bei ausgewogenen Kräfteverhältnissen diskutiert wird. Einfacher ist es natürlich, mit absoluter Mehrheit alle Entscheidungen nach eigenem Gutdünken zu treffen und durchzuwinken.